Grundbuchamt und OLG verweigern Einsicht in Grundbuch – Zu Recht?

Grundsätzlich ist in öffentlichen Registern wie Handels- oder Vereinsregistern eine uneingeschränkte Einsichtnahme durch Interessierte zulässig. Um Einsicht in ein Grundbuch nehmen zu dürfen, ist allerdings das Vorbringen eines berechtigten Interesses an der Einsichtnahme erforderlich. Grund dafür ist, dass bei der Grundbucheinsicht sensible Informationen – alle das Grundstück betreffenden Vermögens- und Schuldverhältnisse -öffentlich einsehbar werden.

Mit Urteil vom 10.10.2018 (Az. 34 Wx 293/18) hat das OLG München einem Pflichtteilsberechtigten die Grundbucheinsicht verwehrt. Der Vater des pflichtteilsberechtigten Klägers ist in zweiter Ehe verheiratet, die Mutter ist bereits vor 28 Jahren verstorben. Sie war zu Lebzeiten Eigentümerin von Grundbesitz. Der Kläger wollte mit Blick auf sein zukünftiges Erb- und Pflichtteilsrecht Einsicht in das Grundbuch nehmen, um die gegenwärtigen Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück zu klären – ob der Vater oder bereits die Stiefmutter Eigentümerin ist. Das Grundbuchamt verweigerte dem Kläger die Einsicht, das OLG München bestätigte diese Entscheidung. Zur Begründung verwies es darauf, dass die bloße Stellung als möglicher Erbe für ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme nicht ausreiche, da künftige Rechtspositionen keine sichtbaren und verwertbaren Ansprüche begründeten. Auch aus der Stellung als Pflichtteilsberechtigter folge kein berechtigtes Interesse, vielmehr hätte der Kläger hier konkret darlegen müssen, warum er in diesem Zusammenhang auf die Kenntnis des Grundbuchinhaltes angewiesen ist.

Mit dieser Entscheidung stellt sich das OLG München gegen ständige obergerichtliche Rechtsprechung. Diese bejahte bisher in der Regel das Einsichtsrecht von Pflichtteilsberechtigten – zu Recht: Nach bisheriger Rechtsprechung ist für ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse ausreichend, wobei auch ein bloß tatsächliches, insbesondere wirtschaftliches Interesse genügen kann. Ein solches durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse liegt bei Pflichtteilsberechtigten vor. Es resultiert bereits aus der Gläubigerstellung des Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben. Wieso das OLG München dies nicht ausreichen lässt, ist nicht nachvollziehbar, handelt es sich dabei doch um eine gesicherte Rechtsposition und die konkrete Aussicht, dass aus dieser zukünftig auch Ansprüche geltend gemacht werden. Es reicht auch nicht aus, den Pflichtteilsberechtigten nur auf seine gegen den Erben gerichteten Auskunftsrechte zu verweisen, da das Grundbuch insoweit eine verlässlichere Quelle ist und es dem Pflichtteilsberechtigten unbenommen bleiben muss, sich aus „erster Hand“ zu informieren.

Entscheidend muss schließlich für das Vorbringen des berechtigten Interesses sein, dass ausgeschlossen werden kann, dass der Interessent unbefugte Zwecke verfolgt oder aus bloßer Neugier handelt. Wenn dann, wie in dem hier entschiedenen Fall, auch keine Rechte Dritter entgegenstehen, hinter denen das Interesse des Pflichtteilsberechtigten ausnahmsweise zurückstehen muss, sind keine Gründe mehr ersichtlich, die Grundbucheinsicht zu verwehren.